So war meine Hand-OP!

Spastiken sind für unseren Körper eine sehr hohe Belastung. Wer mich schon mal erlebt hat, merkt das recht schnell denke ich. Spastiken sind unkontrollierbare Bewegungen in den betroffenen Körperregionen. Sie entstehen durch eine Schädigung des zentralen Nervensystems, welches die Steuereinheit für unsere Bewegungen bildet. Bei mir kam diese Schädigung durch Sauerstoffmangel bei der Geburt. Je nachdem welche Gehirnzellen betroffen sind, kann eine Spastik unterschiedliche Auswirkungen haben. Es wird zwischen 4 Arten(Paresen) unterschieden, die jeweils andere Körperregionen beeinträchtigen. In meinem Fall habe ich die Tetraparese. Hier sind alle 4 Extremitäten betroffen. Also Beine und Arme. Aber auch die Mundregion, welche das Sprechen beeinflusst, ist bei mir geschädigt.

Harte Arbeit

Durch die Spastiken musste ich andere Methoden lernen mit meinem Körper umzugehen. Dies habe ich auch mittlerweile erfolgreich durch sämtliche Therapien geschafft. Das ich laufen kann ist keine Selbstverständlichkeit, sondern bei meiner Diagnose eine Ausnahme und das Ergebnis aus jahrelanger Therapie. Meine Art mich zu bewegen, ist dennoch alles andere als natürlich. Dadurch wird mein Körper einer hohen Belastung ausgesetzt. Um ein Beispiel zu nennen: Laufen, so wie ich es jetzt kann, habe ich erst mit ungefähr 14 Jahren gelernt. Davor war ich entweder mit Rollator unterwegs oder krabbelnd auf den Knien. Das die Mehrbelastung irgendwann zu Problemen führt, ist logisch. Außer ein paar Schmerzen ab und zu, sind dafür meine Kniee eigentlich erstaunlich gut.

Anders sah es mit meinem rechten Handgelenk aus. Durch die hohe Belastung vom Schreiben am PC, haben sich über die Jahre immer wieder Schmerzen gebildet. Dies waren mit der Zeit so stark, dass ich mit meinem rechten Arm gar nichts mehr machen konnte. Da meine Ausbildung zum Mediengestalter pausieren musste. Viele Ärzte wussten auch nicht, was da los war. Bis ich über Kontakte an ein Krankenhaus kam, die auf Handchirurgie spezialisiert ist. Schnell war klar: Die Hand muss operiert werden. Jedoch dauert es ja immer ewig, bis ein Operationstermin frei ist. Bevor ich zu dem Krankenhaus kam, hatte ich schon über 6 Monate Schmerzen. Ja, ich habe es auch etwas rausgezögert nach dem Motto: „Es geht ja noch“. Schlechte Idee, wenn es um den eignen Körper geht.. So trug ich über Monate Schienen, die meine Hand stabilisiert haben. Zu der Zeit habe ich auch meine neue Wohnung renoviert, was zu zusätzlichen Belastungen führte. Alles in allem keine gute Kombination.

Die Operation

Im April 2021 fand dann endlich die Operation statt, die auch ziemlich erfolgreich war. Ich kann zwar meine Hand nicht mehr beliebig biegen, aber normale Belastungen sind kein Problem. Die ersten 6 Wochen trug ich ein Gibs, um das Handgelenk zu stabilisieren. Eine sehr anstrengende Zeit, da ich aufgrund meiner Spastik eh schon eingeschränkt bin. Aber ich habe es geschafft. Ich muss sagen, dass alle Ärzte echt gute Arbeit gemacht haben. Vor der OP war es nicht sicher, ob diese Erfolg haben wird. Aber es hat geklappt. Jetzt im Januar 2023 hatte ich eine weitere Operation, um das verbaute Material wieder zu entfernen. Hat auch alles super geklappt.

Worauf ich jedoch noch eingehen möchte und was mich ziemlich erschüttert hat, ist das Thema „Inklusion im Krankenhaus“. Erschreckenderweise ist das scheinbar nicht so richtig vorhanden. Bei meiner ersten Operation hieß es, dass ich während meines 2 tägigen Aufenthalt keine Assistenz mitbringen muss und das Personal mich versorgt. Das Ergebnis war erschütternd. Obwohl ich im Vorfeld gefragt hab, ob die das abdecken können mich zu pflegen, Nahrung anzureichen, Toilettengang zu begleiten, etc. und die Ärzte mir versicherten, dass dies kein Problem sei, war jedoch genau das das Problem. Ich musste Stunden warten, bis ich auf Toilette gebracht wurde, die Schwestern waren überhaupt nicht drauf eingestellt, mir beim Essen zu helfen. Mein Bett wurde nicht gewechselt, obwohl dort Blut drauf war.

Ich möchte dem Personal hier überhaupt keine Schuld geben, im Gegenteil: Dafür, dass die eh schon unter Stress waren, haben die das echt gut gelöst. Es fehlte vielmehr Organisation im Vorfeld. Aufzuklären, wie das gehandhabt wird, wo ich meine Assistenz anmelden muss, etc. Das fehlte komplett. Da mir jedoch versichert wurde, dass das kein Problem sei, habe ich mir auch keine Gedanken gemacht. Naja, jetzt bei der 2. OP habe ich daraus gelernt und meine eigene Assistenz angemeldet und mitgenommen. Das hat auch sehr gut geklappt. Dadurch wurde mir ein eigenes Zimmer freigehalten, damit die Assistenz auch genügend platz hat und alles war gut.

Ohne Diskriminierung geht´s doch nicht

Eine Sache gab es da allerdings doch noch: 2 Tage vor der Operation war ich zur Kontrolle und für letzte Absprachen noch mal vor Ort. Klappte erst auch ganz gut. Ich habe gefühlte hundert Unterschriften gegeben, bis ich beim Narkosearzt war. Nachdem die Ärztin mit mir alle Angaben durchgegangen ist, hat sie verlangt, dass mein Assistent beim Feld „Gesetzliche Betreuung“ unterschreibt. Meine AssistentInnen sind nicht meine BetreuerInnen. Ich habe auch keine gesetzliche Betreuung. Das habe ich der Ärztin auch versucht zu erklären. Auf einmal war ich scheinbar nicht mehr geschäftsfähig. Als ich meinte, dass hier niemand außer ich was unterschreibe, hat sie von mir ein Schreiben verlangt, dass ich Geschäftstauglich bin. Ich meinte, dass ich sowas nicht habe und niemand nachweisen muss, dass man Geschäftstüchtig ist. Aber sie bestand weiterhin darauf. Jetzt könnte man argumentieren, dass sie mich nicht kennt und meine Behinderung nicht einschätzen konnte. Nun ja, sie hat mir 5 Minuten zuvor meine Diagnose vorgelesen. Wenn man als Arzt, dann immer noch Patienten sowas unterstellt, weiß ich ehrlich gesagt nicht, was diese Person an solcher Position zu suchen hat. Am Ende habe ich gefragt, ob sie unabhängig von der Unterschrift noch was braucht und bin gegangen. War glaube ich eine gute Entscheidung, sonst wäre das ziemlich eskaliert. Für mich ist das ganz klar Diskriminierung. Ich bin der Meinung, dass gerade Ärzte geschult werden müssen, wie Inklusion funktioniert.

Das war meine Diagnose im Schnelldurchlauf. Was lerne ich daraus: Ich lass das mit Verletzungen lieber bleiben, macht nur Arbeit (;