Wie mir Berater*Innen meine Zukunft zerstörten

In meinem vorletzten Blog ging es um meine Assistenz. Das die Personalsuche gerade echt schwer ist. Hierzu ein kurzes Update vorweg: Die Suche hat ein Ende. Ich habe Leute gefunden und kann nach 2 Jahren sagen, dass mein Team voll ist. Ich hoffe, dass bleibt erstmal eine Weile.

Doch meine Assistenz war nicht das einzige Problem, welches mich momentan belastet. Ich frage mich momentan regelmäßig: Wer bin ich eigentlich? Wo will ich hin? Wo kann ich hin?

Bis Juli letzten Jahres war mein Weg seit meiner Kindheit klar. Kindergarten, Schule, Ausbildung. Im Juli war dann alles vorbei. Keine Schnur, die einem den Weg zeigt. Genau darauf habe ich ewig hingearbeitet. Meine Ausbildungszeit war alles andere als einfach. In dieser Zeit habe ich gelebt, was ich und viele andere Menschen mit Behinderung immer sagen. Wofür wir jedes Jahr auf die Straße gehen. Der zweite Arbeitsmarkt hat mit Inklusion nichts zu tun. Es ist ein Abstellgleis für Menschen, die der Gesellschafft nicht passen. Unter dem Motto: „Hauptsache die sind beschäftigt und aus der Statistik raus“. Einige Menschen, auch selbst betroffene, sagen mir, dass geschützte Ausbildungen eine Chance sei und ohne ein solches Angebot keine Chance hätten. Ja, wenn Dir das von klein auf eingeredet wird, dass Du aufgrund Deiner Behinderung keine Chance hast. Wenn Dir Lehrer*innen und Rehaberater*innen von der Arbeitsagentur Dein halbes Leben vermitteln, dass dieser Weg der einzige richtige Weg ist, nimmt man das irgendwann so hin. Schon in meiner Schulzeit wurde ich nach und nach an Berufsbildungswerken ran geführt. Mit sogenannten „Pflichtterminen“ wurde ich in diese Schiene gezwungen. Warum? Weil man mich weich machen wollte und überzeugen wollte, dass es doch eine Perspektive sei. Ich habe mich gewährt. Hätte ich alles mitgemacht, würde ich nie mein jetzigen Beruf lernen können. Arbeitsagenturen schauen Dich an, sehen „Oh, der ist behindert“, öffnen ihre Schublade und schauen, für welche Vermittlung das meiste Geld gibt, mit so wenig Arbeit wie möglich. Um sich in nachhinein mit Ruhm zu bekleckern, wieder einen Behinderten in eine „Ausbildung“ geholfen zu haben. Sämtliche Tests musste ich machen, um zu zeigen, dass ich leistungsfähig bin und nicht direkt in die Werkstatt gesteckt werde. Das Ergebnis dieser Tests wird teilweise nicht mal berücksichtig, ist aber ein Pflichtprogramm… Bei allen Tests kam bei mir top Ergebnisse raus. Was ein Wunder: Ich bin ein intelligenter Mensch. Nur weil ich meine Arme und Beine nicht wie andere bewegen kann, bin ich nicht schlechter oder besser als andere. Alleine, dass ich aufgrund meiner Behinderung überhaupt zu einem psychologischen Gutachten geschickt werde, ist Diskriminierung! Und was haben mir die „Top“ Ergebnisse gebracht, wo ich auf Abiturniveau eingestuft wurde? Richtig, gar nichts. Ich sollte dennoch in dieselbe Förderstätte wie davor.

In der 10. Klasse wurde ich gezwungen, dort ein Praktikum zu machen. Die Lehrer vor Ort haben mir sogar ins Gesicht gesagt, dass ich da nicht hin gehöre. Aber das ist dem Amt egal, denn die Vermittlungsgebühr wird trotzdem gezahlt! Wo sind wir hier?

Das Ergebnis: Nach meinem Schulabschluss war ich ein Jahr arbeitslos, weil man für mich nur das Bildungswerk vorgesehen hat. Um keine weiteren Jahre arbeitslos zu sein, habe ich mich am Schluss auf so ein Werk eingelassen. Ich habe aber klar gesagt, in welches ich gehe. Der Alternativvorschlag zu dem, wo ich nicht mal Mediengestaltung hätte lernen können, war eins außerhalb von Berlin mit Internat. Dort, wo ich noch mehr von meiner sozialen Struktur weg gewesen wäre.

So fing ich endlich mit der Ausbildung an. Sehr schnell wurde mir deutlich, was alle an diesen Werken bemängeln: Inklusion ist da fehl am Platz. Ich saß 70% der Zeit nur rum, ohne Aufträge, ohne Ausbildungsinhalte und nichts. Hier und da gab es Kurse, in denen mal was gelernt wurde. Sonst hieß es jeden Tag Zeit verbummeln und dumme Sprüche auszuhalten, weil ich am Handy gespielt habe. Geworben wird, dass gezielt auf die Zukunft gearbeitet wird, um einen Übergang auf den 1. Arbeitsmarkt zu schaffen. Ich bin ehrlich: Mich wundert es null, dass all meine Bewerbungen ins nichts führen. Die Inhalte, die dort „vermittelt“ werden, sind für die freie Wirtschaft nicht zu gebrauchen. Ohne, dass ich mir aus Eigeninitiative Praktika organisiert hätte, hätte ich von richtigen Unternehmenswelten nichts gelernt.

Um jetzt zu meiner Frage vom Anfang zurückzukommen: Wo bin ich gerade?

Ich habe nun meine Ausbildung einige Monate hinter mir und realisiere genau diese Probleme. Ich weiß nicht, wo ich mich bewerben kann. Die Inhalte, die gesucht werden, wurden mir nicht gelehrt. Ich habe mir sehr viel durch Eigeninitiative selbst beigebracht und fühle mich eigentlich sehr fit. Nur Deutschland ist leider ein sehr zertifiziertes Land. Ohne Nachweise hat man wenig Chance. Dann noch eine Behinderung zu haben, macht das nicht leichter. Ich weiß aber auch: Wer will und mit mir schon gearbeitet hat, war immer sehr angetan von mir. Ich kann sehr viel. Genau an dem Punkt bin ich. Was will ich eigentlich selber? Wie kann ich mich präsentieren? Ich bin der Meinung: Ohne Kontakte ist es echt schwer. Jeder, der mir eine Chance gegeben hat, war beeindruckt von meiner Leistung. Egal ob, die Softwareagntur wo ich war, oder am Set als Darsteller. Das Feedback war immer sehr positiv.

Diese Gegensätze machen mich fertig und deprimieren. Nehmen mir die Kraft. Ich will arbeiten und weiterkommen! Gleichzeitig fällt es mir total schwer mich aufzuraffen, weil ich keine Chance sehe. Und so bin ich die letzten Monate unterwegs. Ich habe auch viele Projekte verwirklicht, aber irgendwie zieht mich alles andere wieder runter. Aber es geht weiter, da bin ich mir sicher! Ich habe gerade auch wieder Projekte in Planung und freue mich. Ich muss nur mal mein Arsch hochbekommen (;

Das wird alles wieder!